Agora Verkehrswende: 8 Thesen zur Automatisierung des Automobils
In der Analyse „Die Automatisierung des Automobils und ihre Folgen“ hat die Initiative Agora Verkehrswende die wichtigsten Thesen über die Automatisierung des Automobils zusammengestellt. Wir haben acht besonders relevante für Sie zusammengestellt.
1. Die Automatisierung des Fahrzeugs trägt zum Struktur- und Prozesswandel der traditionellen Autoindustrie bei
Wollen Autokonzerne ihre weltweite Führungsposition behalten und sich als bedeutende Anbieter des automatisierten und vernetzten Fahrens etablieren, müssen sie die Bereiche Infrastruktur, Innovationen, Vernetzung, IT-Sicherheit und Datenschutz besetzen. Dazu gehört, das automatisierte und vernetzte Fahren zunächst zu erproben, ehe es umgesetzt wird. Nur so lässt sich auch die Akzeptanz in der Bevölkerung gewinnen.
2. Der Autoverkehr wird komfortabler
Assistenzsysteme machen das Autofahren schon heute sicherer und komfortabler. Autobahn- und Staupiloten, Einparksysteme, Spurhalte- und Bremsassistenten erleichtern das Fahren. Je intelligenter die Systeme werden, umso besser sind sie in der Lage, das Risiko etwa von Unfällen zu senken. Allerdings, warnt Agora Verkehrswende, könne dies zu Rebound-Effekten führen, sodass Radfahrer und Fußgänger letztlich auf das Auto umsteigen und so das Verkehrsaufkommen weiter zunimmt.
3. Automatisierte Fahren ermöglicht individuelle Mobilität für alle
Alte und behinderte Menschen sind vom Individualverkehr teilweise ausgeschlossen. Höher automatisierte Fahrzeuge oder fahrerlose Angebote bieten ihnen die Möglichkeit, „individuell, flexibel und komfortabel“ mobil zu sein. Wichtig wird sein, dass entsprechende Mobilitätsangebote sozialverträglich sind und den Verbraucherschutz und Inklusion mit einbeziehen.
4. Mehr Sicherheit im Verkehr stehen potenziell neue Gefahren durch gemischten Verkehr aus autonomen und konventionellen Fahrzeugen gegenüber
Neun von zehn Unfälle gehen auf menschliches Versagen zurück. Ob die Automatisierung die Verkehrssicherheit erhöht, wird jedoch auch davon abhängen, wie intuitiv die Interaktion zwischen „Mensch und Maschine“ funktioniert. Besonders bei hochautomatisierten Fahrzeugen (ab Automatisierungsstufe 3) „muss die Übergabe an den Fahrer nahtlos funktionieren und Gefahren müssen ausgeschlossen sein“, warnt die Agora Verkehrswende.
5. Höhere Effizienz und Kapazitäten sind möglich
Durch den Einsatz von automatisierten Fahrzeugen können der Verkehrsablauf verbessert und die Kapazität erhöht werden, also die Straßen mehr ausgelastet werden. Die Kapazität lässt sich potenziell auf Autobahnen um bis zu 80 Prozent, im Kreuzungsbereich um 40 Prozent erhöhen. Fahren allerdings nur wenige automatisierte Fahrzeuge im „Mischverkehr“ aus herkömmlichen und automatisierten Fahrzeugen, verpufft dieser Effekt. In Zukunft wird es daher nötig sein, die Vernetzung der Fahrzeuge zu forcieren und eine entsprechende Infrastruktur auf- und auszubauen.
6. Ausbau von Angeboten für Mobilität ist nötig
Untersuchungen haben gezeigt, dass bei einem Anteil automatisierter Fahrzeuge im Straßenverkehr von mindestens 40 Prozent Fuß- und Radwege etwa zehn Prozent weniger genutzt werden, im städtischen sind es sogar 15 Prozent. Hinzu kommen potenziell Leerfahrten vollautonomer Fahrzeuge. Der motorisierte Individualverkehr wird sich also erhöhen, so Schätzungen. Der Energiebedarf steigt Berechnungen zufolge um 50 bis 60 Prozent. Entgegenwirken können Mobilitätsangebote, die verschiedene Verkehrsmodi wie den öffentlichen Nahverkehr und automatisierte Fahrservices miteinander verbinden.
7. In Innenstädten werden weniger Parkplätze nötig sein
Wer ein automatisiertes Fahrzeug nutzt, muss nicht mehr unweigerlich am „Zielort des Nutzers“ parken. Das Fahrzeug kann eigenständig weiterfahren, außerhalb parken und auf Zuruf wieder zurückfahren. Dadurch wird die Parkplatzsituation entschärft, aber nicht der Verkehr reduziert. Deshalb wird es nötig sein, die automatisierten Fahrzeuge mithilfe von Mobilitätsangeboten in den öffentlichen Nahverkehr zu integrieren.
8. Bei Vernetzung von Fahrzeugen müssen persönliche Daten geschützt sein
Die Automatisierung und Vernetzung von Fahrzeugen müssen zusammen gedacht werden. Erst wenn Daten „zwischen der Außenwelt und dem Fahrzeug“ ausgetauscht werden, lässt sich die Straßenkapazität besser nutzen und der Verkehrsfluss verbessern. Damit dies gelingt, muss sich die Nutzung der persönlichen Daten an Datenschutzrichtlinien und am Recht auf Privatheit orientieren.
Hier geht es zur vollständigen Studie: „Die Automatisierung des Automobils und ihre Folgen“, 8-2020
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