Robotik: Die Basis für autonomes Fahren
Providentia++ wird auf dem ITS Weltkongreß den aktuellen Stand der Forschung vorstellen. Was sich Konsortialleiter Prof. Alois Knoll von dem führenden Kongreß für intelligente Transportsysteme verspricht, warum externe Infrastruktur wichtig ist und Robotik die Basis für autonomes Fahren ist.
Herr Prof. Knoll, auf dem Weltkongreß werden Prototypen wie der digitale Zwilling von Providentia++ gezeigt. Was erhoffen Sie sich insgesamt von der Veranstaltung?
Es werden praktischer Demonstrationen und prototypischer Projekte zu sehen sein, die zeigen, dass das Feld an intelligenten Lösungen für vernetzten Verkehr immer breiter wird. Die Hamburger Hochbahn beispielsweise wird das HEAT-Projekt zeigen. Darin wird mit Unterstützung durch Infrastruktur ein Shuttle-Verkehr ermöglicht. Bei geringen Kosten und auf hohem Sicherheitslevel wird so Personentransport ermöglicht. Für deutsche Verhältnisse dürfte es dem aktuellen Stand der Kunst entsprechen. Während hier externe Intelligenz – durch die Infrastruktur – eingesetzt wird, um Fahrzeuge sicher über Straßen zu bewegen, setzen andere wie etwa Intel-Tochter Mobileye zusammen mit Zulieferer Schaeffler auf interne Intelligenz, wie kürzlich auf der IAA vorgestellt. Hier geht es um die Industrialisierung von Level-4-Fahrzeugen, die sich allein auf Basis von Sensoren an Bord der Fahrzeuge orientieren. Beide Ansätze haben meines Erachtens ihre Berechtigung. Und es ist noch völlig offen, wie der Markt sich entwickeln wird.
Klassische Robotik: Die Kinderstube des autonomen Fahrens
Sie leiten einen Lehrstuhl für Robotik, künstliche Intelligenz und Echtzeitsysteme. Inwieweit bietet die Robotik eine gute Basis auch für intelligente Transportsysteme?
Die Robotik besteht ja aus den zwei Bereichen stationäre Systeme und mobile Roboter. Mobile Roboter kommen ohne Fahrer aus, kennen Strategien der Kollisionsvermeidung, planen ihre Fahrwege oder Bahnen und steuern die Mechanik. Allerdings sind sie meist in einem kontrollierten Umfeld unterwegs. Das sind Anforderungen, die auch intelligente Transportsysteme (und auch autonomes Fahren) an Fahrzeuge stellen. Die klassischen Robotik ist gewissermaßen die Kinderstube des autonomen Fahrens. Die Aufgabe liegt nun weiterhin darin, dass autonome Fahrzeuge sicherer werden. Und hier kann wie gesagt die externe Infrastruktur einen wichtigen Teil zu beitragen.
Providentia++: Digitaler Zwilling als Basis für die „smart City“
Mit Providentia++ erforschen Sie den Einsatz von externer Sensorik für einen vernetzten Verkehr. Was ist Ihre Wunschvorstellung für den Verkehr der Zukunft?
Wir haben mit unseren Forschungen Grundlagenarbeit für die Konstruktion eines digitalen Zwillings gemacht – ganz im Sinn einer digitalen Straße auf Basis einer kompletten Zustandserfassung. Das ist die Voraussetzung dafür, nun Dienstleistungen und Services darauf aufzusetzen – und die Vernetzung insgesamt erst zu ermöglichen. Etwas weitergedacht, würde die komplette Sensorisierung einer Stadt eine sehr gute Übersicht darüber schaffen, was passiert ist und was passieren könnte. Dafür ist nötig, dass sich vernetzte Fahrzeuge mit der Infrastruktur austauschen und aktuelle wie historische Daten von Fahrzeugen und Infrastruktur zusammen genutzt werden. Die Koordinierung dieses Verkehrs übernimmt in einer „smart City“ dann eine Art City Brain. Eigentlich ist das nichts anderes als bei der Erfindung des Telefons: Erst müssen die Leitungen liegen. Dann macht das Telefonieren wirklich Sinn.
Fotos: Getty (Aufmacher) / Sebastian Kissel / TUM
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